Interview

Georg Pangl, Generalsekretär der Vereinigung Europäischer Fußball-Ligen (EL)

Interview

Pangl: "Topclubs von den nationalen Ligen ausschließen"

von der Football-Leaks-Redaktion des NDR

Aus den Football-Leaks-Dokumenten, die der "Spiegel" erhalten und mit dem NDR und dem Recherchenetzwerk EIC geteilt hat, geht hervor, dass Pläne für eine europäische Super League auf dem Tisch liegen. Aus Deutschland sollen Bayern München und Borussia Dortmund dabei sein. Sollte die Elite-Liga kommen, wäre das für Georg Pangl eine Zäsur. Der Generalsekretär der Vereinigung Europäischer Fußball-Ligen (EL) setzt sich für die Belange der kleineren Vereine ein und lässt im Interview mit dem NDR keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Umsetzung der Super-League-Pläne Konsequenzen für die Topclubs haben müsste.

 

Herr Pangl, alle sprechen über die Super League. Was halten Sie von den Plänen?

Georg Pangl: Ich bin froh, dass derartige Themen an die Öffentlichkeit kommen. Jetzt geht es vor allem darum, dass man mit den entsprechenden Vertretern der großen Clubs und vor allem mit der UEFA als Regierungsbehörde sehr klare Gespräche führen muss. Wir haben am 14. November ein Treffen des strategischen Beirats für den professionellen Fußball unter der Führung der UEFA, mit den Clubs, Ligen und auch der Fußballer-Gewerkschaft. Spätestens dann wird man offene Worte finden müssen, was es mit den Plänen auf sich hat.

Bayern München hat dementiert, von den Plänen für eine European Super League Kenntnis gehabt zu haben. Ist dieses Dementi für Sie glaubwürdig?

Pangl: Es geht vor allem darum, dass vor zwei Jahren, als die Champions-League-Reform zu Gunsten der großen Clubs beschlossen wurde, die UEFA führungslos war. Präsident Michel Platini war schon weg, Aleksander Ceferin noch nicht im Amt. Nach unserem Verständnis hat man das damals als Bedrohungsszenario für die UEFA verwendet, um eben noch mehr Geld und Vorteile für die großen Clubs herauszuschlagen. Wie konkret die Pläne waren, kann man ja diesen vielen Dokumenten entnehmen.

Sie sprechen von einer Bedrohung für die UEFA. Was würde diese Abspaltung denn bedeuten?

Pangl: Wenn dieses Szenario eintritt, dann muss man die großen Clubvertreter wirklich fragen, wie sie sich in Bezug auf ihre Verantwortung verhalten wollen? Ob sie aus rein monetären Motiven, und darauf läuft es letztlich hinaus, diese Entscheidung treffen? Es gilt jetzt abzuwägen, was die großen Clubs wollen: Ob sie die derzeitige Struktur, in der sie in letzten Jahren 700 bis 800 Millionen Euro aus der Champions League erhalten haben, aus Geldgier zerstören wollen? Oder ob sie sich innerhalb des bestehenden Rahmens, in dem sie ohnehin den ganz großen Teil des Kuchens bekommen, nicht zufriedengeben sollten?

Wäre die Super League das Ende des europäischen Vereinsfußballs, wie wir ihn bisher kennen? Und was würde das für die anderen Clubs in Europa bedeuten?

Pangl: Wir als Europäische Ligen wären im Falle dieser Entscheidung gefordert, auch diese großen Clubs von den nationalen Ligen auszuschließen. Was auch die UEFA von den internationalen Wettbewerben tun müsste. Es würde sich um eine private Organisation von elf oder 16 Clubs handeln, die sich vom organisierten Fußball, wie wir ihn jetzt kennen, abwenden. Für mich stellt sich am Ende die große Frage: Wie erklärt man das seinen Fans? Die Fans wollen die nationalen Meisterschaften sehen, die Derbys. Nach wie vor bezahlt der Fan die Rechnung über die Abos beim Pay-TV oder indirekt über die Sponsoren. Ich sehe die Gefahr, dass sich der Fan abwendet. Wenn man jede Woche mit Super-League-Spielen Kaviar geliefert bekommt, dann wünscht man sich das tägliche Brot mit der Butter drauf. Und das sind die nationalen Meisterschaften.

Diese Pläne für eine Super League zeigen offenbar auch die Unzufriedenheit der großen Clubs. Wirft die Champions League zu wenig Geld ab?

Pangl: Wenn man weiß, dass die 32 Clubs und davon wiederum die Top 10 Clubs mit der jetzigen Reform im Durchschnitt an die 100 Millionen Euro erhalten werden, dann ist das ein Betrag, der sehr ansehnlich ist. Wenn die Topclubs über diese private Organisation vielleicht das Doppelte einnehmen können, 200 Millionen oder mehr, dann versuche ich das aus deren Sicht zu verstehen. Ich kann es aber nicht, weil es für mich unverständlich ist, derartige Konsequenzen verantwortungslos auszulösen. Und ohne die Rechnung mit dem Fan gemacht zu haben. Mir stellt sich vor allem die Frage: Wohin wollen die großer Clubs, was ist das Ziel? Die Umsatz-Milliarde zu knacken, wie es Real Madrid und FC Barcelona sehr bald schaffen werden? Was ist dann das nächste Ziel, die Zwei-Milliarden-Umsatzmarke knacken? Damit die Spieler, wie immer sie heißen, statt 50, 100 oder 150 Millionen verdienen? Was wollen diese 16 Fußball-Clubs, die Verantwortung mittragen für die restlichen 700 Vereine, erreichen? Diese Frage hätte ich gerne beantwortet.

Das NDR Recherche-Team zu "Football Leaks"

Katrin Kampling, Sven Lohmann, Hendrik Maaßen, Han Park, Nino Seidel, Birgit Wärnke

Hörfunk-Umsetzung
Moritz Cassalette, Holger Gerska, Hendrik Maaßen

Online-Umsetzung
Andreas Bellinger, Matthias Heidrich, Thomas Luerweg, Sebastian Ragoß

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Dokus im Ersten | 04.11.2018 | 21:45 Uhr

Stand: 03.11.18 17:45 Uhr