Kommentar

Der Sportchef des Norddeutschen Rundfunks, Gerd Gottlob © NDR / Christian Wyrwa Foto: NDR / Christian Wyrwa

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Sportchef Gottlob: Fußball hat Anstand verloren

von Gerd Gottlob

Die Großclubs dealen ihre Zukunft ohne den Rest aus, Verbände beschließen Regeln, die man fast ungestraft umgehen kann: Der Fußball hat seinen Anstand verloren, sagt NDR Sportchef Gerd Gottlob in seinem Kommentar.

Football-Leaks I hat uns die Maßlosigkeit des Fußballs vor Augen geführt. Die Gier der Spieler, die Durchtriebenheit der Berater, absurde Transfermodelle. Das war ein tiefer Einblick in die professionelle  Fußballszene, den es so zuvor noch nie gab. Aber die Empörung blieb aus und es ging einfach immer weiter so.

Es geht nur noch ums Geschäft

Football-Leaks II zeigt uns nun die dunkelste Seite des Fußballs. Die großen Clubs dealen ihre Zukunft ohne den Rest aus, die Bayern mittendrin. Die Verbände beschließen Regeln, die man nahezu ungestraft umgehen kann. Staaten benutzen den Fußball, um ihr Image zu verbessern. Was hat das noch mit dem eigentlichen Sport zu tun? Nichts. Der Fußball hat in der Top-Etage seine Würde, seinen Anstand verloren. Es geht nur noch um das Geschäft.

Die Spieler sind nur noch Teil einer Kulisse

Ich bezweifle nicht, dass Spieler wirklich noch ihr Spiel gewinnen, Trainer ihre Taktik durchsetzen, Vereine Titel holen und nie absteigen wollen. Ich bezweifle auch nicht, dass viele Menschen ins Stadion gehen, weil sie ihre Mannschaft und ihren Verein lieben. Aber sie sind Opfer einer Illusion. Ihnen muss klar sein, dass es diesen Fußball, den sie lieben, nicht mehr gibt. Diese 22 Figuren dort unten auf dem Rasen sind nur Teil der Kulisse, die stehen muss, damit die Geldmaschine weiter laufen kann. Der Fußball ist nur noch Mittel zum Zweck.

Fans sind angewidert vom Kommerz

Die großen Bosse im Fußball hassen diese These und sie glauben auch, dass alles toll ist im Fußball, weil die Stadien voll sind und die TV-Gelder steigen und sie auch bei der nächsten TV-Ausschreibung wieder steigen werden. Sie glauben sogar, dass die Fans darüber gar nicht diskutieren und sich keine Sorgen machen. Stimmt, in den Logen wird das nicht diskutiert, aber in den Fan-Kurven. Die Fans verstehen viele Dinge nicht mehr, sie sind angewidert vom Kommerz.

Jemand muss Einhalt gebieten

Die Würde des Fußballs wird angegriffen. Der Fußball braucht in seinem eigenen System Leute, die diese Gefahr anerkennen und die bereit sind, am jetzigen Zustand etwas zu ändern oder Einhalt zu gebieten. Die Romantik ist schon lange passé, die Unschuld verloren, schon klar, aber nur noch Teil einer Zirkusveranstaltung zu sein, ist auch keine Option. Dann lieber wieder häufiger zur Bezirksliga gehen. Da ist der Fußball vielleicht nicht so gut, aber würdevoll.

Dieses Thema im Programm:

Sport aktuell | 02.11.2018 | 09:50 Uhr

Stand: 03.11.18 10:50 Uhr