FC Sion © imago Foto: F. Dubuis

Financial Fairplay

Die Kleinen hängt man - die Großen lässt man laufen

von der Football-Leaks-Redaktion des NDR

Wenn es um das Financial Fairplay geht, ist Strafe nicht gleich Strafe. So könnte man sagen, wenn die Großen wie Paris Saint-Germain oder Manchester City mit einem blauen Auge und minimaler Strafe der UEFA davonkommen, Clubs wie der FC Sion aus dem schweizerischen Wallis oder jüngst der russische Meister Rubin Kasan für zwei Jahre aus allen europäischen Wettbewerben verbannt werden, für die sie sich qualifizieren sollten.

"Die Strafe war so, als wenn auf der Terrasse eine Mücke wäre und du rufst die Luftwaffe, damit sie die Mücke tötet." Christian Constantin mag solche Vergleiche. Wahrscheinlich könnte man es auch Galgenhumor des Präsidenten des FC Sion nennen, dessen Verein die Härte des Financial Fairplay gnadenlos zu spüren bekommen hat. Während die milliardenschweren Clubs aus Paris (PSG) und Manchester (ManCity) verschont werden, müssen die kleinen, im Konzert der Großen unbedeutenden Clubs im sportlichen Sinne bluten.

Sperre und Geldstrafe

Der FC Sion wurde im Frühjahr 2018 für zwei Jahre von allen europäischen Wettbewerben ausgeschlossen, für die sich der Verein aus dem Örtchen Sitten im schweizerischen Wallis qualifizieren sollte. Weil der Vorjahres-Sechste der Schweizer Super League momentan im unteren Bereich der Zehnerliga rangiert, wird die Strafe möglicherweise ohne Nebengeräusche verpuffen. Aber darum geht es im Kern gar nicht. Denn neben der Sperre verhängte die Europäische Fußball-Union (UEFA) eine Geldstrafe von 235.000 Euro, weil der Schweizer Erstligist die Transfersumme für einen Spieler des französischen Zweitligisten FC Sochaux verspätet gezahlt und damit gegen das Financial Fairplay verstoßen hatte.

PSG und ManCity wurden verschont

Seit 2011 wurden knapp 60 Strafen gegen europäische Vereine ausgesprochen. Jüngst auch gegen den zweimaligen russischen Meister Rubin Kasan, der gegen die Auflagen eines Vergleichs verstoßen hatte. Etwa die Hälfte der Clubs haben ein sogenanntes "Agreement" erhalten, was so viel heißt: Die Strafen sind milder ausgefallen, meist einigte man sich auf geringe Bußgeldzahlungen. Die wirklich "wichtigen" Clubs wie PSG und ManCity werden aber trotz nachgewiesener Verstöße gegen das Financial Fairplay verschont - und schon gar nicht von der Champions League ausgeschlossen. Das zeigen die Football-Leaks-Dokumente, die der "Spiegel" erhalten und mit dem NDR und dem Recherchenetzwerk EIC geteilt hat.

Nur ein Missverständnis?

So richtig erklären kann sich Constantin die Sperre bis heute nicht: "Wir haben nur eine ausstehende Zahlung nicht als Übergangsvermögen ausgewiesen. Die Bilanz änderte sich aber nicht, die Dinge waren die gleichen", sagt er in der ARD. Letztes Jahr haben in seinem Stadion mit dem imposanten Bergpanorama im Hintergrund noch Mannschaften wie Liverpool oder Bordeaux gespielt. Das tut weh - vor allem finanziell. "Als wir in der Europa League waren, haben wir einen Gewinn von sieben Millionen Euro gemacht. Das sind schon wichtige Beträge für einen Verein wie uns", so Constantin.  

"Wird immer die großen Vereine schützen"

Die Kleinen hängt man - und die Großen lässt man laufen. Der Präsident des FC Sion beschreibt es in der ARD-Doku so: "Man wird immer die großen Vereine beschützen, denn den großen Vereinen kann man nicht sagen, wir schließen Euch vom Europapokal oder von der Champions League aus." Allein schon wegen der Fernsehrechte, weil niemals das Gleiche bezahlt würde, wenn beispielsweise Barcelona, Real Madrid, PSG oder Bayern München nicht dabei wären. Constantin: "FFP ist eine falsche, gute Idee, weil man sie nicht umsetzen kann."

Das NDR Recherche-Team zu "Football Leaks"

Katrin Kampling, Sven Lohmann, Hendrik Maaßen, Han Park, Nino Seidel, Birgit Wärnke

Hörfunk-Umsetzung
Moritz Cassalette, Holger Gerska, Hendrik Maaßen

Online-Umsetzung
Andreas Bellinger, Matthias Heidrich, Thomas Luerweg, Sebastian Ragoß

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Dokus im Ersten | 04.11.2018 | 21:45 Uhr

Stand: 05.11.18 09:30 Uhr